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Tanzender Siva im Flammenkreis aus Messing

Yoga in der Lebensmitte

Nach unseren Blog-Beiträgen zu Yoga heute, Yogatherapie, Ayurveda sowie Yoga und Ayurveda kehren wir nun zurück zu unserer 4-teiligen Beitragsreihe über die Lebensphasen. Den Auftakt zu dieser Reihe bildete das Thema Yoga in der Schwangerschaft. Auch wenn es sich aus yogaphilosophischer Sicht hierbei für das ungeborene Kind noch nicht um eine eigene Lebensphase handelt, nimmt doch hier alles seinen Anfang. Im zweiten Teil ging es um Yoga für Kinder und Jugendliche. Der folgende Blog-Beitrag dieser Serie handelt vom Yoga in der Lebensmitte.

Drei Lebensphasen

Die Yogaphilosophie unterteilt die Lebensspanne des Menschen in drei große Abschnitte. Diese Phasen sind Kindheit und Jugend, Lebensmitte und Alter. Dabei definieren sich diese Abschnitte nicht nur über das Lebensalter, sondern auch über Aktivitäten. So ist die erste Lebensphase überwiegend geprägt vom Lernen, die zweite vom Übernehmen von Verantwortung und die dritte vom Loslassen. Es beginnt also im weitesten Sinne mit der Vorbereitung für das Leben. Vom Lernen zu schlafen, zu sitzen, zu stehen und sich zu bewegen bzw. sich in der Welt fort-zu-bewegen bis hin zum Erlernen eines Berufs, zu einem Studium und/oder dem Übernehmen einer Aufgabe und Verantwortung in der Welt.

Yoga in der Lebensmitte

Beim Übergang vom ersten Lebensabschnitt in den zweiten wird uns der Staffelstab der Verantwortung für uns selbst von den Menschen übergeben, die uns bis dahin begleitet haben. Aus yogischer Sicht ist es günstig, wenn wir uns zu diesem Zeitpunkt auch darüber bewusst sind und uns aktiv an dieser Übernahme beteiligen. Wir übernehmen soziale Verantwortung für uns selbst, aber auch für Freunde und Menschen in unserem Umfeld, je nach Lebensentwurf auch für Partner*, Kollegen und Familie im weitestmöglichen Sinne – also von Wahlverwandtschaft bis hin zu Regenbogenfamilie. So übernehmen wir Schritt für Schritt immer mehr Aufgaben, bedienen zunehmend mehr Rollen und erarbeiten uns ein Aufgaben- bzw. Verantwortungsnetzwerk. Das geschieht nicht von heute auf morgen, wird aber über Monate und Jahre zunehmend komplexer und kann uns durchaus an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit bringen – körperlich, energetisch, wie auch die Sinnfragen des Lebens betreffend. Was können wir dem aus der Sicht des Yoga entgegensetzten?

Das Leben managen

Um diesen Anforderungen gewachsen zu sein, ist es wichtig gesundheitlich stabil zu bleiben. Die Idee der Prävention bekommt hier eine besondere Bedeutung, da wir nicht nur für uns, sondern auch für andere Verantwortung übernommen haben. Durch eine individuell angemessene asana-Praxis, angemessen sowohl im zeitlichen Umfang als auch die körperliche Belastung betreffend, können wir mit Yoga den Körper in guter Verfassung halten. Es geht in dieser Phase nicht um mehr Kraft und Beweglichkeit, sondern um mehr Leichtigkeit, Wohlbefinden und Ausdauer. Wird beim Üben von Yoga im ersten Lebensabschnitt der Schwerpunkt noch auf den Aufbau des Körpers gelegt und stehen deswegen asanas im Vordergrund, verschiebt sich der Schwerpunkt des Übens in der Lebensmitte in Richtung pranayama. Geht es auf der körperlichen Ebene um die Erhaltung der Leistungsfähigkeit, so geht es auf der energetischen Ebene – also der Ebene des Atems – darum, die Arbeit der Organe und des Stoffwechsels zu unterstützten bzw. im Gleichgewicht zu halten. Um in dem von uns gestalteten Verantwortungsnetzwerk unser Leben managen zu können, ist es notwendig auf diesen beiden Ebenen unseres System stabil zu bleiben.

Wie der Atem so der Geist

So führt das an den mittleren Lebensabschnitt angepasste und ganzheitlich angelegte Üben von Yoga unwillkürlich hin zur psycho-mentalen Ebene. Wird nun noch der Geist-Gemüt-Komplex miteinbezogen, sind wir beim Körper-Atem-Geist-Konzept der Traditionslinie T. Krishnamacharya. Wie der Atem, so der Geist bedeutet in diesem Kontext, die empfohlene Verschiebung des Übungsschwerpunktes vom Körperaspekt hin zum Atemaspekt. Denn dies bringt automatisch positive Nebenwirkungen für den Geist-Gemüt-Komplex mit sich: Der Geist wird ruhiger und unser Gemüt ausgeglichener. Ein solches Üben ist also auch Hinführung zur Meditation.

Selbstfürsorge als Grundbedürfnis

Das wachsende Verantwortungsnetzwerk aus Beruf, Karriere, Familie, Ehrenamt, Elternpflege usw. in der mittleren Lebensphase hat beim modernen Menschen die Ich-Zeit als notwendigen Ausgleich in Vergessenheit geratenen lassen. Den oftmals doch eher einseitigen Anforderungen und Belastungen des Alltags wird im Yoga ein ausgewogenes Üben von asanas, intensivem pranayama und Meditation als Ausgleich gegenübergestellt. Die bekannte Auflistung der Grundbedürfnisse des Menschen, wie Luft, Wasser, Schlaf, Nahrung, Schutz, soziale Kontakte und Liebe (Wertschätzung) wird im Yoga also um den Aspekt der Selbstfürsorge erweitert: Ich-Zeit als Grundbedürfnis – Zeit für sich und mit sich selbst.

Mit Yoga sortiert durch den Alltag

Alle Tätigkeiten und Handlungen im Alltag wirken in der Regel unausgewogen auf das System des Menschen ein und müssen aus der Sicht des Yoga stets ausgeglichen werden, besonders in Phasen außerordentlicher Belastung. Die mittlere Lebensphase stellt für die meisten Menschen eine solche Phase dar. In diesem Sinne sortiert das angepasste Üben von Yoga den Körper, regeneriert die energetische Ebene und richtet den Geist wieder aus, und zwar stets aktiv und mit einem hohen Anteil an Selbstverantwortung. Das ist eine Lebenskunst im Sinne von Work-Life-Sleep-Eat-Love-Balance. Oder mit den Worten der Yogaphilosophie: Das Leben meistern, im Sinne von Sivas Tanz. Nataraja (ein anderer Name für den tanzenden Siva), tanzt auf einem Bein, mit den Herausforderungen des Lebens jonglierend.

* Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige jeglichen Geschlechts.

Jürgen Slisch, Gelnhausen, 07.11.2022.

Im vierten und letzten Teil dieser Reihe geht es im nächsten Beitrag um den hinteren Lebensabschnitt: Yoga im Alter.

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