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Bild im Bild mit Mann mit Handy und yogaübender Frau im Hintergrund

Yoga online neu definiert

Yoga online, damit verband ich bis vor einiger Zeit immer das Üben einer Yogapraxis nach den Vorgaben eines Yoga-Videos und damit ohne Anpassungsmöglichkeiten und ohne Rückmeldung … dafür aber mit umso mehr Ablenkungsmöglichkeiten für meinen citta (Geist-Gemüt-Komplex), bedingt durch die große Auswahl an Videos und die Settings in ebendiesen (am Pool, am Strand, in einem hippen Loft vor der Kulisse einer angesagten Stadt).

Aus diesen Gründen war Yoga im Online-Setting für mich undenkbar, denn Yoga bedeutet für mich: Atha – jetzt. Mit diesem Wort beginnt Patanjalis Yogasutra. Dieses Wort steht für das Sein im Moment, im Augenblick.

Einatmen – Ausatmen

Meine Augen sind geschlossen, während ich in sukhasana, dem Schneidersitz, auf der Yogamatte sitze. Die rechte Hand ruht auf dem Brustbereich, die linke auf dem Unterbauch. Über meine Hände nehme ich den Fluss des Atems wahr – das Heben von Brustbereich und Bauchdecke beim Einatmen und das Senken während der Ausatmung. Präsent sein, im Jetzt sein. Mehrere Atemzüge später folgt die Aufforderung meines Yogalehrers, nun die Aufmerksamkeit nach außen zu lenken und die Augen langsam zu öffnen. Ich befinde mich zu Hause, meinen Yogalehrer sowie die Teilnehmer meiner Gruppe sehe ich auf dem Bildschirm des Laptops. Während des Übens hatte ich die Augen größtenteils geschlossen, wurde angeleitet durch die Stimme meines Yogalehrers durch die Stunde bewegt … und habe fast vergessen, wo ich eigentlich übe. Ein Szenario, das viele vor einem Jahr kaum für möglich gehalten hätten, ist nun Realität und wurde uns durch einen äußeren Umstand namens Pandemie auferlegt.

Yoga online – warum?

Warum ich nun doch Yoga vor meinem Laptop übe, wird kaum nötig sein zu erklären. Allzu vertraut sind uns die Ereignisse des letzten Jahres. Eine neue Variante des SARS-Corona-Virus trat im Dezember 2019 erstmals in China auf und hat sich seitdem weltweit ausgebreitet, eine Pandemie ausgelöst. Das Virus SARS-CoV-2, welches zu COVID-19, der Corona Virus Disease, führen kann … oder einfach Corona. Einfach ist vieles seitdem nicht mehr (siehe auch Jürgens Blog-Beitrag hierzu). Kontaktbeschränkungen, geschlossene Restaurants, Hotels, Fitnessstudios, Yogastudios und Yogaschulen sind zu unserer neuen Realität geworden.

Zunächst fielen Yogakurse, Seminare und laufende Yogalehrausbildungen aus. Mit der Zeit starteten die ersten Kurse und Ausbildungsseminare online, mittlerweile auch vom Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) anerkannt.

Yoga online, weil …

Es steht außer Frage, dass Präsenz-Kurse sowohl für Schüler als auch für Lehrende durch nichts zu ersetzten sind. Denn Yoga bedeutet auch Verbindung – mit Mitmenschen im Alltag, mit den anderen Kursteilnehmern, mit der Lehrperson, mit Menschen, die einen auf dem eigenen Yogaweg begleiten … analog. Doch wenn die Alternative ist, über Monate Yoga ausschließlich allein oder überhaupt nicht zu praktizieren, wagen sich Lehrende und Schüler an die digitale Alternative.

Dabei zeigt sich, dass Yoga auch in diesem Setting seine Wirkung entfalten kann, dass dank der modernen Technik der Unterricht über räumliche Distanzen möglich ist, ohne an Qualität zu verlieren. Dank Zoom & Co. ist der Unterricht auch in Echtzeit möglich, so dass die Kursleitung alle Teilnehmer vor sich sieht und individuell auf diese eingehen und anleiten kann. Beim Online-Unterricht zeigt sich auch der Wert einer präzise angeleiteten Stunde. Dies ermöglicht es den Teilnehmern beim Üben im Fluss zu bleiben, nicht ständig zum Bildschirm schauen zu müssen und im Jetzt anzukommen. Online-Unterricht muss also nicht bedeuten, dass man ein Video abspielt und ohne Feedback übt. Nein, es bedeutet weiterhin lebendiges Anleiten, Üben und Korrigieren, live dabei sein, auch wenn eine räumliche Trennung besteht. Dies gilt nicht nur für Gruppenstunden, sondern gleichsam für Einzelstunden, Seminare und Yogalehrausbildungen.

Yoga online – gerade jetzt

Dieser Text soll kein Plädoyer für den Online-Yogaunterricht sein. Technische Pannen, der ausbleibende Ortswechsel, die fehlende reale Begegnung mit den anderen Kursteilnehmern und der Lehrperson sind Gründe, warum es keinen adäquaten Ersatz für den Präsenz-Unterricht gibt. Dies unterstreicht auch eine mögliche Übersetzung des Wortes upanisad, bekannt als Namensgeber einer der bedeutendsten Schriftensammlungen Indiens. Upanisad bedeutet „nahe sitzen bei“ und meint dabei das Sitzen beim Lehrenden. Dies ist in der analogen Form nicht zu ersetzen, aber kein Yoga ist auch keine Lösung … weder für die meisten Schüler noch für die Lehrenden, die hiervon mitunter auch ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob Online-Unterricht eine Option ist oder nicht.

Mein Fazit nach den letzten Monaten, in denen ich an Online-Stunden und -Seminaren teilgenommen habe: Yoga kann auch jetzt, unter diesen besonderen Umständen, stattfinden … oder vielleicht gerade jetzt. Die aktuelle Situation mit reduzierten sozialen Kontakten, dem Spagat zwischen Homeoffice und Homeschooling oder auch Existenzängsten stellt die meisten von uns täglich vor neue Herausforderungen. Yoga kann hier unterstützen und einen Ausgleich schaffen. Yoga kann seine Wirkung auch entfalten, wenn es online stimmig und mit präziser Sprache vermittelt wird … nicht als Dauerlösung, aber als gute Überbrückung der momentanen Situation. Das indische Wort Karma bedeutet, etwas auf eine bestimmte Art und Weise in die eigenen Hände zu nehmen, und zwar so, dass es einem dient und hierdurch zum Weg der Erkenntnis werden kann. Dies kann auch bedeuten, möglichst flexibel zu sein und das Beste aus den gegebenen Umständen zu machen. Auf den Yogaunterricht bezogen könnte es bedeuten, dass online zu unterrichten oder online unterrichtet zu werden eine gute Alternative darstellt … aktuell, jetzt – atha.

Melanie Klingler, Gelnhausen, 05.02.2021.

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