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Ayurveda – von einem ganzheitlichen Menschenbild

Die ayurvedische Vorstellung des Lebens und der Anatomie unterscheidet sich in vielen Dingen von der modernen westlichen. Sie basiert auf den alten indischen Philosophiesystemen und ihrer Beschreibung von der Entstehung des Lebens. Vor allem die Samkhya-Philosophie hat Einfluss darauf genommen. Alles, was existiert, geht auf brahman, das Absolute zurück und besteht, wie im vorigen Beitrag beschrieben, aus den fünf Elementen und ist Teil der Schöpfung. Es gibt Unbelebtes wie beispielsweise Steine, Mineralien usw. und Lebewesen wie Pflanzen, Tiere und uns Menschen. Wir bestehen dabei aus der Einheit von Körper, Geist und Seele, die zusammen unsere Existenz ausmachen. Diese Komponenten beeinflussen und unterstützen sich gegenseitig und sind voneinander abhängig als Basis des Lebens. Bezüglich dieser Komponenten sind noch die Aspekte der Aktivität und des Bewusstseins wichtig.

Körper, Geist und Bewusstsein im ayurvedischen Verständnis

Der Körper (sarira) ist in dieser Betrachtungsweise weder bewusst noch aktiv. Das deckt sich in etwa mit unserer Sicht, dass der Körper nur mit Hilfe des Geistes aktiv sein kann. Er besteht aus den fünf Elementen. In unserer modernen Anatomie und Physiologie wird er in allen Details und Funktionen sehr ausführlich beschrieben. Das findet man so nicht in den Ayurvedaschriften. Der Geist (manas) gilt laut Samkhya als unbewusst (entgegengesetzt zur westlichen Psychologie) und aktiv. Mit dieser Aktivität sind all die Emotionen, Gedanken, psychischen Aspekte gemeint. Er ist wesentlich feinstofflicher als der Körper. Die Seele (atman) wird im Ayurveda (und Yoga) als inaktiv und bewusst angesehen. Sie ist reines Bewusstsein (cetana). Sie gilt als das `Göttliche´ in uns, ewig, unzerstörbar, unbeeinflussbar, frei von allem Leid und aller Krankheit und als Ursprung von allem. Im Yoga wird sie als drasta, der Seher, bezeichnet.

Psyche und Sinne

Diese Sicht unterscheidet sich von unserem abendländischen Verständnis der Seele, bei dem wir auch die Bewegungen des Geistes der Seele, also der Psyche zuordnen und diese als leidensfähig einstufen. Im Ayurveda hingegen werden Geist und Seele als getrennt voneinander betrachtet. Dabei wird der Geist dem leidensfähigen Gemüt (der Psyche) zugeordnet und die Seele als unabhängig hiervon, als unveränderlich und ewig gesehen.

Zu erwähnen sind hier auch noch die zehn Sinne oder Funktionen (indriyas), sozusagen die Mittler zwischen Innen- und Außenwelt. Das sind die fünf Wahrnehmungsfähigkeiten (jnanendriyas), mit denen wir das Außen wahrnehmen, von denen unser Geist die Informationen bezieht: Hören, Sehen, Tasten, Riechen, Schmecken. Und die fünf Handlungsfähigkeiten (karmendriyas), mit denen wir auf das Außen einwirken können: Gehen, Greifen, Sprechen, Fortpflanzen, Ausscheiden. Die indriyas finden sich ebenfalls in den Yogaschriften wieder.

Die gunas

Ein weiterer Begriff aus dem Ayurveda, der auch in den Yogaschriften erscheint, sind die drei gunas, Prinzipien, die das ganze Universum beeinflussen: rajas – der Antrieb, tamas – die Trägheit, Dunkelheit, Schwere und sattva – die Klarheit, Harmonie, das Licht. Für das sehr tiefgehende Prinzip der gunas ist das nur eine sehr kurze Beschreibung. Im Ayurveda werden sie vor allem zur Beschreibung der geistigen bzw. psychischen Verfassung eines Menschen genutzt.

Die vierzehn Gewebe (zwei mal sieben Gewebe)

Ein weiterer wichtiger Teil der ayurvedischen Anatomie sind die dhatu, die Gewebe des Körpers mit unterschiedlichen Funktionen und Eigenschaften. Sie werden unterschieden in sieben Hauptgewebe (dhatu) und sieben Untergewebe (upadhatu). Die ayurvedische Vorstellung von der Funktion und Struktur der Gewebe ist sehr unterschiedlich von der unserer westlichen Medizin. Sie nehmen einen hohen Stellenwert ein in der ayurvedischen Diagnostik zur Bestimmung von Symptomen bei Krankheiten und zur Festlegung der Therapien. Es wird als essenziell für die Gesundheit angesehen, dass alle Gewebe im bestmöglichen Zustand sind. In einem der folgenden Beiträge werden wir uns nochmals ausführlicher mit den Geweben beschäftigen.

Transport und Versorgung

Außerdem sind die srotas wichtig zu erwähnen. Damit sind Transportkanäle, Zellzwischenräume, das Interstitium gemeint, bzw. alle Räume des Körpers, in denen etwas transportiert oder ausgetauscht wird. Diese srotas können groß sein, wie z. B. der Darm oder sehr fein, wie die kleinsten Kapillaren und Nerven oder noch viel feiner. Sie transportieren Atem, Flüssigkeiten und Nahrung, die sieben Gewebe, Abfallprodukte des Körpers und sogar geistige Bewegungen. Im Ayurveda wird es als eine weitere wichtige Grundlage der Gesundheit angesehen, dass alle srotas frei und durchlässig sind. Bei Blockaden werden wichtige Funktionen gestört und es entstehen Krankheiten.

Diagnostik, Elemente und dosas

Auch Abfallstoffe des Körpers selbst sind wichtige Aspekte der ayurvedischen Diagnostik. Hauptsächlich Stuhl, Urin und Schweiß, aber z. B. auch Haare und Nägel werden ausführlich betrachtet, um daran Störungen zu erkennen. Die fünf Elemente (pancha mahabhuta) Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum habe ich bereits in meinem ersten Beitrag erwähnt. Da alles, was ist, auch wir, aus ihnen besteht, kann es zu einem ständigen Austausch und gegenseitiger Beeinflussung von uns und dem Außen kommen. Diese Elemente und ihre Eigenschaften sind auch die Basis des Prinzips der drei dosa vata, pitta und kapha. Diese drei pathophysiologischen Faktoren sind sicher eines der bekanntesten Konzepte des Ayurveda und unentbehrlich zur Bestimmung des aktuellen Zustandes eines Menschen.

In den nächsten Ayurveda-Beiträgen werden wir uns näher mit den dosas befassen.

Dagmar Dührsen, Norddeich, 15.03.2023.

Der nächste Blog-Beitrag beschäftigt sich mit dem Thema Yogalehrerausbildungen.

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